Frankreich 2022 (Oradour-sur-Glane)

Ich habe einen Lost Place der besonderen Art besucht. Verloren, aber nicht vergessen. Ein Platz, der unter die Haut geht. Oradour-sur-Glane war in den 1940er Jahren ein kleines Dorf, das mit den umliegenden Weilern rund 1600 EinwohnerInnen zählte. Im Ort gab es drei Schulen, Arzt, Apotheke, Fleischer, Bäcker, eine Autowerkstatt und andere Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe. Ein Ort wie viele andere in der Region. Es gab auch einen Bahnhof der elektrischen Lokalbahn, der den Ort mit dem ca. 20 km entfernten Limoges verband.

643 BewohnerInnen von Oradour-sur-Glane, Frauen, Männer und Kinder, wurden am 10 Juni 1944 von Soldaten der SS-Division „Das Reich“ in grausamer Weise getötet. Der gesamte Ort wurde nach dem Massaker von der SS niedergebrannt. Nach Kriegsende wurde der Ort zur Gedenkstätte erklärt und ist bis heute in diesem Zustand erhalten. Nur die Brandspuren werden vom Regen der Jahrzehnte langsam weggespült.

Die Ruinen des Ortes sind heute von einer Mauer umgeben und durch das 1999 eröffnete Gedenkzentrum zugänglich. Auf Porzellankacheln gedruckte Portraits der Opfer im Verbindungsgang zwischen Gedenkzentrum und Dorf geben den Opfern Gesichter, die mich beim Gang durch die Ruinen begleiteten.

Es sind keine Ruinen, die der Zahn der Zeit aus verlassenen Gebäuden genagt hat. Es sind Ruinen, die innerhalb eines Tages durch brutale Gewalt entstanden und in diesem Zustand konserviert wurden.

Nur die Steinmauern und Metallteile, die das Feuer überstanden haben, sind erhalten geblieben. In und zwischen den Häusern liegen verstreut Fahrräder, Nähmaschinen, Bettgestelle, Werkzeug und stehen einige Autos.

Der Dorfplatz im Zentrum, eine Wiesenfläche umgeben von Häusern. Fast friedlich, wären die umgebenden Häuser keine bröckelnden Mauerreste.

Frauen und Kinder wurden in der Kirche, Männer in Scheunen und Garagen eingesperrt und getötet. Kaum einer der Verantwortlichen wurde zur Rechenschaft gezogen.

Reste eines Kinderwagens, auf dem Boden vor dem Altar.

Der Klöppel der großen Glocke, eingeschmolzen in die Reste der Glocke.

Ist es nicht langsam an der Zeit, die Geschichte ruhen zu lassen? Nein, ist es nicht. Nicht, solange solche Kriegsverbrechen noch immer geschehen.

Alle Bilder sind unbearbeitet (nur für das Web verkleinert). Sie wurden mit der Olympus E-M1ii und dem 45mm f1,2 aufgenommen. Ich habe mich auf die alleinige Verwendung dieses Objektivs beschränkt und nur in Schwarzweiß mit verstärkter Gradation fotografiert um die Stimmung zu betonen.